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Arbeitgeber-Betrug – unterschätztes Risiko?

In seinem Bericht 2016 stellt der US-Verband „Association of Certified Fraud Examiners“ fest, dass der Gesamtverlust, den die untersuchten Unternehmen in 2016 durch Arbeitgeber-Betrug erlitten haben sich auf $ 6.3 Milliarden summiert. Als Arbeitgeber-Betrug werden Fälle definiert, bei denen der Arbeitgeber durch seine Mitarbeiter betrogen wird. Die Studie analysiert weltweit 2410 Betrugsfällen, die zwischen Januar 2014 und Oktober 2015 in 114 Ländern ermittelt wurden. Im Fokus stehen Kosten und Verlauf der untersuchten Betrugsdelikte, Merkmale der betroffenen Unternehmen sowie Eigenschaften der Täter. Im Folgenden sind einige Kernaussagen der aktuellen Global Fraud Study 2016.*

Betrugsarten
Es wird zwischen drei Grundkategorien des Arbeitgeber-Betrugs differenziert: Korruption, Vermögensunterschlagung (Barzahlungen, bargeldlose Unterschlagung und Inventardiebstahl) sowie Finanzbetrug. In 83% der Fälle wird über Betrug in Form von Vermögensunterschlagung berichtet, der allerdings den geringsten Verlust für Unternehmen aufweist (Medianwert von $125.000). Der Finanzbetrug betrifft lediglich 10% der Fälle, verursacht jedoch die höchsten Verluste (Medianwert $975.000). In 33% der untersuchten Fälle wird über Korruption berichtet, wobei sich der durchschnittliche Verlust im mittleren Bereich bewegt (Medianwert $200.000). Korruption ist zwar ein globales Problem und findet in allen Ländern statt, die Dichte der Fälle ist in Südasien jedoch am höchsten, gefolgt von Nahost und Nordafrika. In vielen Unternehmen treten mehrere Kategorien auf und somit ergibt sich eine Prozentsumme größer als 100%.
Untersucht wird auch die Aufklärungsdauer bei verschiedenen Betrugsdelikten. Der Missbrauch von Kassenbüchern wird mit durchschnittlich 13 Monaten am schnellsten aufgedeckt. Bei den Fällen von Betrug bezüglich Gehaltsabrechnung, Finanzbetrug, Missbrauch von Kostenerstattungen und Abrechnungsbetrug dauert es im Schnitt 24 Monate bis diese aufgedeckt werden.

Wie wird der Betrug aufgedeckt?
Wie in den letzten Studien sind Hinweise mit 39.1% der meistverbreitete Auslöser, um Arbeitgeber-Betrug aufzudecken. Sie kommen zum größten Teil von der Belegschaft des Unternehmens. Ein weiterer beträchtlicher Anteil dieser Informationen sind zudem externen Hinweisgebern wie Kunden, Lieferanten, Zwischenhändler oder Kreditoren zuzuordnen. In fast 30% der Fälle werden im Rahmen von internen Revisionen und Management Reviews Hinweise auf Wirtschaftskriminalität entdeckt. In Unternehmen mit weniger als 100 Mitarbeitern wird man meistens über Management Reviews auf Betrugsvorfälle aufmerksam und in großen Unternehmen meistens im Rahmen von internen Revisionen. In 14% der Fälle sind die Hinweise anonym.
Hinweisgeber nutzen Telefonhotlines in 39.5% der Fälle, um Informationen einzureichen. Über Internet (E-Mail und webbasierte Tools) werden aber mehr als die Hälfte der Anfangsinformationen weitegeleitet. Für Unternehmen empfiehlt es sich mehrere Optionen für Hinweisgeber offen zu halten.

Welche Unternehmen sind betroffen?
Zwei Drittel der betroffenen Organisationen sind öffentliche Einrichtungen und Unternehmen in privater Hand. Sie verzeichnen auch die größten Verluste in diesem Bereich. Kleinunternehmen sind tendenziell häufiger von Arbeitgeber-Betrug betroffen. Der durchschnittliche Verlust ist für große und kleine Unternehmen in absoluten Zahlen fast identisch aber die wirtschaftlichen Auswirkungen bei kleinen Unternehmen sind wesentlich dramatischer.
Die höchste Dichte der Betrugsfälle wird im Bank- und Finanzsektor, im öffentlichen Dienst, in der Produktion, im Gesundheitswesen und in der Bildung beobachtet. Viel seltener sind die Bergbau-Industrie, der Großhandel, der Agrarsektor und die Baubranche betroffen. Interessant ist aber, dass gerade in den letztgenannten Branchen die größten finanziellen Schäden entstehen, wenn es zu Betrugsfällen kommt.
In 40.7% der Fälle haben die betroffenen Organisationen keine rechtlichen Schritte bezüglich einer strafrechtlichen Verfolgung unternommen. In den meisten Fällen wird die Angst vor Imageschäden genannt. Zudem werden häufig die Kosten gescheut sowie oftmals eine außergerichtliche Einigung erzielt. In 1,8% der Fälle ist der Täter nicht mehr auffindbar.

Welche Kontrollmechanismen nutzen Unternehmen?
Mehr als 80% der von Arbeitgeber-Betrug betroffenen Unternehmen unterziehen sich einer externen Wirtschaftsprüfung durch unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Auf diesem Weg werden jedoch nur 4% der Betrugsfälle entdeckt. Unternehmen reagieren darauf, indem sie zur Betrugsbekämpfung immer mehr auf Hinweisgeberhotlines, Trainingsmaßnahmen für Angestellte und Führungskräfte sowie Implementierung eines Code of Conduct setzen.

Wer sind die Täter?
Der Großteil der Betrugstaten wird von Angestellten ausgeführt, die keine Führungsverantwortung haben. Der höchste finanzielle Schaden wird allerdings durch Betrugstaten durch Eigentümer bzw. Geschäftsführern verursacht. Mehr als drei Viertel der Betrugsfälle finden in sieben Schlüsselabteilungen statt: Finanzbuchhaltung, Fertigung, Vertrieb, obere Führungsebene, Kundenservice, Einkauf und Finanzabteilung.
In 69% der Betrugsfälle sind Männer die Täter. Dieser Trend ist in allen bisherigen Studien konstant. Dabei ist es wichtig zu beachten, dass Männer auch die Mehrheit der Arbeitskräfte darstellen und somit in Forschungsstatistiken dementsprechend stärker repräsentiert sind.
55% der Betrugspersonen sind im Alter zwischen 31J. und 45J. in 2,5% der Vorfälle handelt es sich über Arbeitnehmer über 60 J., die jedoch den höchsten finanziellen Schaden angerichtet haben. In Bezug auf den Bildungsgrad der Täter kann man einen deutlichen Zusammenhang erkennen – je höher das Bildungsniveau desto höher der verursachte Schaden.
Die meisten Arbeitgeber-Betrüger sind Ersttäter. Nur ein Bruchteil von ihnen ist vorbestraft oder stand in Zusammenhang mit einer Straftat. Weniger als 10% waren in der Vergangenheit wegen Missbrauch gekündigt. An dieser Stelle ist anzumerken, dass wenn es in der Vergangenheit zu Betrugsfällen kam, die betroffenen Arbeitgeber diese Vorfälle selten nach außen kommunizieren und eher eine Trennung im Stillen anstreben. Fast die Hälfte der betroffenen Unternehmen erkundigt sich vor dem Beschäftigungsbeginn über den beruflichen und persönlichen Hintergrund des Täters.

Verhaltensauffälligkeiten
Täter leben sehr oft über ihre Verhältnisse, sie haben finanzielle Schwierigkeiten oder sie arbeiten ungewöhnlich eng mit Lieferanten oder Kunden zusammen. Sie zeichnen sich durch die Mentalität eines skrupellosen Geschäftemachers aus, zeigen exzessives Kontrollverhalten und Aversionen Aufgaben zu teilen. Kürzlich aufgetretene Scheidungs- oder Familienprobleme können ebenfalls ein Indikator sein.

* Report to the Nations. On Occupational Fraud and Abuse. 2016 Global Fraud Study

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